Kinder- und Jugenddorf Klinge | Autorität durch Beziehung
Jugendhilfeeinrichtung in Seckach (Neckar-Odenwald-Kreis) mit 146 Plätzen in 18 Hausgemeinschaften und Familiengruppen sowie 21 Plätzen in drei Wohngruppen für Jugendliche in Mosbach und Heidelberg.
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Autorität durch Beziehung

Haim Omer

Der in Tel Aviv lehrende Professor für Psychologie und Friedensforscher hat das Konzept Mahatma Gandhis, des gewaltlosen Widerstandes gegen einen übermächtigen Gegner, in die Familienarbeit transferiert

 

Oberste Prämisse ist der Verzicht auf Gewalt jedweder Art, sowohl auf physische Gewalt als auch auf Demütigungen und Kränkungen. Die Erwachsenen sollen über Kraft gegenüber kindlicher Destruktion verfügen, Autorität sein, ohne zu Gewalt zu greifen.

 

Es ist notwendig, dass alle Beteiligten in den Auseinandersetzungen das eigene Gesicht wahren können. Schrittweise stellen die Erziehenden ihre Präsenz wieder her und sorgen gleichzeitig dafür, dass die Punkte entschärft werden, an denen es gewohnheitsmäßig zu Eskalationen kommt. Kontrolle wird durch Selbst-Kontrolle ersetzt. Eine kritische Situation durchgestanden zu haben, ohne sie eskalieren zu lassen, ist ein Zeichen von Autorität, unabhängig vom Verhalten des Kindes.

 

Die Autoritätsperson besitzt Autorität in dem Maß, in dem sie sich nicht von den Provokationen des Kindes hinreißen lässt, sondern ihre Handlungen selbst bestimmt. Statt: „Du machst das sofort, sonst…“ sagt sie jetzt „Was du auch tust, ich gehe nicht weg. Ich kann als Erzieher nicht anders handeln“. Reaktionen aufschieben und Selbstkontrolle zeigen, statt zu versuchen, um jeden Preis Kontrolle zu erlangen. Die Befreiung der Autoritätsperson vom Zwang zu siegen öffnet auch dem Kind den Raum für Selbstbestimmung.

 

So erfährt das Kind ein kontinuierlich de-eskalatives Angebot zur Neu-Gestaltung der Beziehung. Die Autoritätsperson positioniert sich als Anker, das Kind erlebt die Wahlfreiheit, sich daran zu binden. Stärke ist nicht mehr mit Macht gleichgesetzt, nicht mehr Mittel, den anderen zu kontrollieren, sondern bedeutet Wahrung der eigenen Präsenz, unabhängig vom Verhalten des Gegenübers. Die „Stärke des Ankers“ vermittelt keine Bedrohung, ist aber zugleich alles andere als ohnmächtig: Sie kann nicht umgangen werden, man kann sie nicht einfach beiseite schieben, es ist eine Stärke des Beharrens.

 

Im Jahre 2008 hat sich das Kinder- und Jugenddorf Klinge auf den Weg gemacht, diesen Ansatz zu implementieren. Alle pädagogischen Fachkräfte der Haugemeinschaften, alle Lehrkräfte der St.-Bernhard-Schule, alle Mitarbeitenden der Psychologisch-Heilpädagogischen Abteilung sowie alle Führungskräfte wurden im Rahmen von Workshops, Supervisionen und einem Fachtag in diesem Verfahren ausgebildet. Seither lautet der Titel unseres pädagogisches Konzeptes: „Autorität durch Beziehung nach Haim Omer – Professionelle Beziehungsarbeit im Kinder- und Jugenddorf Klinge“.